|
Im Januar 1926 beantragt der Reichsausschuß zur Durchführung des Volksentscheides
(getragen von SPD, KPD und freien Gewerkschaften) die Durchführung eines Volksbegehrens, mit dem die
entschädigungslose Enteignung der bis 1918 regierenden Fürstenhäuser gesetzlich festgeschrieben werden soll:
|
Volksbegehren und Volksentscheid »Enteignung der Fürstenvermögen«
|
Volksbegehren vom 4. bis 17. März 1926 |
Stimmen |
überhaupt |
v. H. |
Stimmberechtigte |
39.421.617 |
63,23 |
Ergebnis des Volksbegehrens |
12.523.750 |
31,77 |
Um einen Volksentscheid herbeizuführen, ist die Unterstützung von 10 % der Stimmberechtigten
notwendig. Da dieses Quorum erreicht wurde und sich im Reichstag keine Mehrheit für die Verabschiedung des
vorgelegten Gesetzentwurfes fand, wurde ein Volksentscheid anberaumt:
|
Volksentscheid am 20. Juni 1926 |
Stimmen |
überhaupt |
v. H. |
Stimmberechtigte |
39.737.724 |
63,73 |
abgegebene Stimmen |
15.599.890 |
39,26 |
gültige Stimmen |
15.040.895 |
37,85 |
davon: |
Ja-Stimmen |
14.455.181 |
36,38 |
Nein-Stimmen |
585.714 |
1,47 |
Um erfolgreich zu sein, bedarf der Volksentscheid Zustimmung der Mehrheit sowie der Beteiligung der Mehrheit
der Stimmberechtigten; da sich weniger als die Hälfte der Stimmberechtigten am Volksentscheid beteiligten, tritt
das erstrebte Gesetz nicht in Kraft.
|
Quelle: Falter u.a. 1986, S. 47
Im Jahr 1928 beantragt die KPD die Durchführung eines Volksbegehrens, mit dem
ein Verbot des Baus von Kriegsschiffen der »Panzerkreuzer«-Klasse gesetzlich festgeschrieben werden soll:
|
Volksbegehren »Panzerkreuzerverbot«
|
Volksbegehren vom 3. bis 16. Oktober 1928 |
Stimmen |
überhaupt |
v. H. |
Stimmberechtigte |
41.340.691 |
66,31 |
Ergebnis des Volksbegehrens |
1.216.968 |
2,94 |
Um einen Volksentscheid herbeizuführen, ist die Unterstützung von 10 % der Stimmberechtigten
notwendig. Da dieses Quorum verfehlt wurde, findet kein Volksentscheid statt.
|
Quelle: Falter u.a. 1986, S. 47
Im Sommer 1929 beantragt der Reichsausschuß für das deutsche Volksbegehren
gegen den Young-Plan
(getragen von DNVP, NSDAP, Stahlhelm und Alldeutschem Verband) die Durchführung eines Volksbegehrens,
mit dem die Ratifizierung des Young-Plans verboten und eventuelle Unterzeichner mit Zuchthausstrafen belegt werden
sollen:
|
Volksbegehren und Volksentscheid »gegen die Versklavung des Deutschen Volkes (Freiheitsgesetz)«
|
Volksbegehren vom 16. bis 29. Oktober 1929 |
Stimmen |
überhaupt |
v. H. |
Stimmberechtigte |
41.278.897 |
66,14 |
Ergebnis des Volksbegehrens |
4.137.193 |
10,02 |
Um einen Volksentscheid herbeizuführen, ist die Unterstützung von 10 % der Stimmberechtigten
notwendig. Da dieses Quorum erreicht wurde und sich im Reichstag keine Mehrheit für die Verabschiedung des
vorgelegten Gesetzentwurfes fand, wurde ein Volksentscheid anberaumt:
|
Volksentscheid am 22. Dezember 1929 |
Stimmen |
überhaupt |
v. H. |
Stimmberechtigte |
42.292.914 |
67,77 |
abgegebene Stimmen |
6.308.578 |
14,92 |
gültige Stimmen |
6.177.085 |
14,61 |
davon: |
Ja-Stimmen |
5.838.890 |
13,81 |
Nein-Stimmen |
338.195 |
0,80 |
Um erfolgreich zu sein, bedarf der Volksentscheid Zustimmung der Mehrheit sowie der Beteiligung der Mehrheit
der Stimmberechtigten; da sich weniger als die Hälfte der Stimmberechtigten am Volksentscheid beteiligten, tritt
das erstrebte Gesetz nicht in Kraft.
|
Quelle: Falter u.a. 1986, S. 47
Neben diesen Verfahren, bei denen zumindest das Volksbegehren durchgeführt wurde, gab es noch weitere Versuche, Volksbegehren herbeizuführen:
1. |
Am 28.12.1922 ließ der Reichsinnenminister einen Volksantrag des Reichsbundes für Siedlung und Pachtung vom 22.12.1922 zu, mit dem das Reichssiedlungsgesetz um die Möglichkeit entschädigungsloser Bodenreformen erweitert werden sollte. Nach der Zulassung wurde der Volksantrag allerdings nicht mehr weiterbetrieben. |
2. |
Im Jahre 1923 wiederholte der Reichsbund seinen Antrag; der um eine Klausel erweiterte Antrag wurde allerdings vom Reichsinnenminister nicht zugelassen (nach Art. 73 Abs. 4 der Verfassung mussten Volksbegehren vom Reichsinnenminister zugelassen werden). |
3. |
Im Jahre 1924 betrieb der Jungdeutsche Orden ein Volksbegehren, das die Einführung einer Arbeitsdienstpflicht erreichen sollte; das Volksbegehren scheiterte allerdings an formalen Mängeln, fehlender Finanzkraft des Ordens und geringem öffentlichen Interesse. |
4. |
Am 27.4.1926 reichte der Sparerbund Dr. Best einen Volksantrag ein, der eine Aufwertung aller Sparguthaben um 50 % vorsah; der Antrag wurde vom Reichsinnenminister am 18.8.1926 unter Hinweis auf die Haushaltsrelevanz zurückgewiesen. |
5. |
Am 28.2.1927 reichte die Reichsarbeitsgemeinschaft der Aufwertungsgeschädigten- und Mieter-Organisationen einen Volksantrag ein, der eine Aufwertung der Sparguthaben um 100 % sowie eine Abschöpfung von Zinserträgen über 2,5 % vorsah; der Antrag wurde ebenfalls zurückgewiesen, da es sich bei der Abschöpfung der Zinserträge um eine öffentliche Abgabe handelte. |
6. |
Der Frontkriegerbund e.V. leitete im Jahr 1932 ein Volksbegehren über sein »Neues Wehrmachts-Gesetz« ein, brachte das Zulassungsverfahren allerdings nicht zum Abschluss. |
7. |
Im Januar 1932 startete der Jungdeutsche Orden eine Initiative, um die Amtszeit von Reichspräsident Hindenburg per Referendum zu verlängern; eine diesbezügliche Anfrage wurde allerdings vom Staatssekretär in der Reichskanzlei am 25.1.1932 abschlägig beantwortet und das Verfahren anschließend nicht weiterbetrieben. |
8. |
Im Frühjahr 1932 betrieb der Radikale Mittelstand ein Volksbegehren, das eine Verfassungsänderung zur Schaffung des Einheitsstaates erreichen wollte; auch dieses Verfahren blieb im Zulassungsverfahren stecken. |
9. | Am 12.9.1932 beantragte die SPD die Zulassung eines Volksbegehrens, das sich gegen die Notverordnung des Reichspräsidenten vom 4.9.1932 wendete, in dem u.a. Lohnkürzungen bei Neueinstellungen zugelassen wurden; noch während des Zulassungsverfahrens wurde allerdings diese Notverordnung am 17.12.1932
von der Reichsregierung aufgehoben, sodass sich der Antrag erledigte. |
Quelle: Schiffers 1971, passim
Volksabstimmungen in den Abtretungsgebieten laut Versailler Vertrag
Abstimmungsgebiete | Tag der
Abstim-
mung
| Bevölke-
rung 1919
| Stimmbe- rechtigte | gültige Stimmen | abgegebene Stimmen für | Deutsch-
land
| Polen/ Dänemark | I. Prov. Ostpreußen | 11.7.1920 | 577.001 | 422.067 | 371.083 | 363.159 | 7.924 | | 73,15 | ca. 88,5 a | 97,86 | 2,14 | II. Prov. Westpreußen | 11.7.1920 | 164.183 | 121.176 | 104.842 | 96.895 | 7.947 | | 73,81 | ca. 87,0 a | 92,42 | 7,58 | III. Prov. Schleswig-Holstein Zone I | 10.2.1920 | 190.960 | 109.745 | 100.760 | 25.329 | 75.431 | | 57,47 | ca. 92,0 a | 25,14 | 74,86 | III. Prov. Schleswig-Holstein Zone II | 14.3.1920 | 110.885 | 71.893 | 64.524 | 51.724 | 12.800 | | 64,84 | ca. 90,0 a | 80,16 | 19,84 | IV. Prov. Niederschlesien | 20.3.1921 | 5.659 | 5.606 | 5.481 | 5.348 | 133 | | 99,06 | ca. 98,0 a | 97,57 | 2,43 | V. Prov. Oberschlesien | 20.3.1921 | 2.068.004 | 1.215.373 | 1.181.277 | 702.045 | 479.232 | | 58,77 | ca. 97,5 a | 59,43 | 40,57 | Insgesamt | 3.116.692 | 1.945.860 | 1.827.967 | 1.244.500 | 583.467 | | 62,43 | ca. 94,5 a | 68,08 | 31,92 |
Zu den Abstimmungsgebieten gehörten die folgenden
Verwaltungseinheiten: I. Prov. Ostpreußen: Regierungsbezirk Gumbinnen: Kreis Oletzko; Regierungsbezirk
Allenstein: Kreise Allenstein/Stadt, Allenstein/Land, Johannisburg, Lötzen, Lyck, Neidenburg
(teilweise), Ortelsburg, Osterode, Rössel, Sensburg II. Prov. Westpreußen: Regierungsbezirk Danzig: Kreis Marienburg; Regierungsbezirk
Marienwerder: Kreise Marienwerder, Rosenberg, Stuhm III. Prov. Schleswig-Holstein: Zone I: Kreise Apenrade, Flensburg/Land (teilweise), Hadersleben, Sonderburg,
Tondern (teilweise) Zone II: Kreise Flensburg/Stadt, Flensburg/Land (teilweise), Husum (teilweise), Tondern
(teilweise) IV. Prov. Niederschlesien: Regierungsbezirk Breslau: Kreis Namslau (teilweise) V. Prov. Oberschlesien: Regierungsbezirk Oppeln: Kreise Beuthen/Stadt,
Beuthen/Land, Cosel, Gleiwitz/Stadt, Groß-Strelitz, Hindenburg, Kattowitz/Stadt,
Kattowitz/Land,
Königshütte, Kreuzberg, Leobschütz, Lublinitz, Neustadt (teilweise), Oppeln/Stadt,
Oppeln/Land,
Pleß, Ratibor/Stadt, Ratibor/Land (teilweise), Rosenberg, Rybnik, Tarnowitz, Tost-Gleiwitz Quelle:
Falter u.a. 1986, S. 118
a geschätzte Wahlbeteiligung; Angaben über die genaue Zahl
der Abstimmenden liegen nicht vor. |