1924 |
10.01. | Die alliierte Militärkontrollkommission nimmt ihre nach
der Ruhrbesetzung unterbrochene Tätigkeit wieder auf. Sie kontrolliert die Einhaltung der
Versailler Abrüstungsbestimmungen. |
14.01. | In Paris tritt das erste internationale
Sachverständigenkomitee unter Leitung des amerikanischen Finanzsachverständigen Charles
G. Dawes zusammen. Es soll die deutsche Währungssituation begutachten und eine
Neuregelung der Reparationsleistungen erarbeiten. |
22.02. | Gründung des Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold durch
Otto Hörsing (SPD, Oberpräsident von Sachsen) in Magdeburg. |
26.02. | Beginn des Hochverratsprozesses gegen Adolf Hitler,
Erich Ludendorff und weitere am »Hitler-Putsch« vom 8./9.11.1923 beteiligte
Personen in München. |
28.02. | Reichspräsident Friedrich Ebert hebt den am
26.9.1923
verhängten Ausnahmezustand auf. |
03.03. | Wiederzulassung der KPD. |
13.03. | Auf Antrag von Reichskanzler Wilhelm Marx (Zentrum)
löst Reichspräsident Ebert den Reichstag wegen der Kritik der oppositionellen
Reichstagsmehrheit an den Notverordnungen der Regierung vorzeitig auf. Marx will damit
eine Abstimmung über die Notverordnungen mit einschneidenden Wirtschafts-, Finanz- und
Sozialreformen verhindern. |
21.03. | Nach Abschluss der Beweisaufnahme beginnen im
Hitlerprozess die Plädoyers. Die Staatsanwaltschaft beantragt acht Jahre Festungshaft
für Hitler wegen Hochverrats. Hitler nutzt den Prozess als Forum für seine
antirepublikanische Agitation. Als einziger der Angeklagten bekennt er sich offen zum
beabsichtigten Regierungsumsturz. Im völkisch-antisemitischen Milieu trägt ihm das
wachsende Anerkennung ein. |
27.03. | Beim Prozess zum Hitler-Putsch sprechen die Angeklagten
persönliche Schlussworte. Hitler nutzt auch diese Gelegenheit zu einer
nationalsozialistischen Propagandarede. |
01.04. | Im Hitlerprozess verkündet das Münchner Volksgericht
milde Urteile: Hitler und drei weitere Angeklagte werden zu einer Mindeststrafe von je
fünf Jahren Festungshaft verurteilt. Ludendorff wird freigesprochen. Die verhängten
Haftstrafen werden vorzeitig erlassen. |
04.04. | Beim bayerischen Justizministerium geht ein Gesuch mit
24.000 Unterschriften auf sofortigen Straferlass für die beim Hitlerprozess
verurteilten Personen ein. |
07.04. | Errichtung der Golddiskontbank im Deutschen Reich. |
09.04. | Das Dawes-Komitee in Paris veröffentlicht ein Gutachten
zur Regelung der deutschen Reparationen (»Dawes-Plan«). Unter Berücksichtigung der
wirtschaftlichen Lage Deutschlands bestimmt es die Zahlungsanweisungen, legt jedoch nicht
die endgültige Höhe und Dauer der Zahlungen fest. Deutschland erhält einen Kredit von
800 Mio. Mark, um die Zahlungen überhaupt in Gang setzen zu können. |
14.04. | Die Reichsregierung befürwortet den Dawes-Plan als
»praktische Grundlage für die schnelle Lösung des Reparationsproblems«. |
20.04. | Hitler erhält an seinem 35. Geburtstag Tausende von
Glückwunschsendungen. |
04.05. | Gewinner der Reichstagswahlen sind die KPD
und vor allem die Parteien der Rechten (DNVP, Landbund und VSB); DDP und DVP
müssen starke Verluste hinnehmen, insbesondere die (V)SPD bleibt deutlich hinter den addierten
Ergebnisse von SPD und USPD zurück.
Nach den Reichstagswahlen Koalitionsverhandlungen der amtierenden Regierung mit der DNVP. |
09.05. | Der
Parteivorstand der SPD beschließt, einen Volksentscheid über die Annahme des Dawes-Planes
herbeizuführen, falls im Reichstag nicht die notwendige 2/3-Mehrheit erreicht wird. |
26.05. | Die Koalitionsverhandlungen mit der DNVP scheitern an der
ablehnenden Haltung der Deutschnationalen zum Dawes-Plans. Das Kabinett Marx tritt zurück. |
03.06. | Der Zentrumspolitiker Marx bildet eine neue
Reichsregierung in gleicher Besetzung wie vor den Reichstagswahlen. |
06.06. | Mit den Stimmen der oppositionellen SPD lehnt der Reichstag einen Misstrauensantrag der DNVP gegen die Regierung Marx ab. |
16.07–
16.08. | Londoner Reparationskonferenz zur Beratung des Dawes-Plans. |
18.07. | Gründung des Roten Frontkämpferbundes. |
26.07. | Mit den Stimmen der SPD verabschiedet der Reichstag ein
Notetatgesetz. Die Reichsregierung erhält eine unbefristete Ermächtigung zur Haushaltsführung. |
05.08. | Teilnahme der deutschen Delegation unter Reichskanzler Marx,
Außenminister Gustav Stresemann und Finanzminister Hans Luther an der
Londoner Reparationskonferenz. |
09.08. | Durchbruch bei den Verhandlungen über den Dawes-Plan: Das
Deutsche Reich soll fünf Jahre lang zunächst weniger zahlen als ursprünglich
vorgesehen war. Ab 1929 sollen die jährlichen Zahlungen auf 2,5 Mrd.
Goldmark steigen. Zur Ankurbelung der deutschen Wirtschaft wird eine
Auslandsanleihe in Höhe von 800 Mio. Goldmark gewährt. |
15.08. | In der Frage der Räumung des Ruhrgebiets bekräftigt der
französische Ministerpräsident Herriot die starre Haltung Frankreichs.
Deutschland muss die von Frankreich geforderte einjährige Räumungsfrist
hinnehmen. |
19.08. | Im Unterschied zur französischen Haltung plädiert Großbritannien für die sofortige Räumung des Ruhrgebiets. |
21.08. | Die Reichsregierung legt dem Reichstag neun Gesetze über
die Durchführung des Dawes-Plans vor. Die DNVP wendet sich insbesondere
gegen die im Dawes-Plan vorgesehene Einflussnahme ausländischer Vertreter
auf deutsche öffentliche Einrichtungen. |
29.08. | Mit der Zustimmung von fast der Hälfte der
deutschnationalen Fraktion nimmt der Reichstag die Dawes-Gesetze an. Die DNVP hatte sich zuvor gegen den Dawes-Plan ausgesprochen. |
30.08. | Das im Zuge der Dawes-Gesetze erlassene neue Reichsbankgesetz sieht die internationale Kontrolle der Reichsbank vor.
Die Ende 1923 eingeführt Rentenmark wird in Reichsmark (RM) umbenannt. |
04.09. | Der britische Premierminister MacDonald befürwortet die Aufnahme Deutschlands in den Völkerbund. |
07.09. | Die von den Besatzungsbehörden aus dem Ruhrgebiet ausgewiesenen 180.000 Personen dürfen zurückkehren. |
09.09. | Aufhebung der Zollgrenze im besetzten Ruhrgebiet. |
22.09. | Das bayerische Innenministerium lehnt einen Antrag der Landespolizei auf Ausweisung Hitlers nach Österreich ab. |
25.09. | Die DVP fordert die Aufnahme der DNVP in die Regierungskoalition. |
15.10. | Die DDP lehnt die Aufnahme der DNVP in die Minderheitsregierung ab. Damit sind die Bemühungen von Reichskanzler Marx
um eine »Große Koalition« gescheitert. |
20.10. | Auf Antrag von Marx löst Reichspräsident Ebert den Reichstag auf. |
07.12. | Gewinner der Reichstagswahlen ist die SPD,
die sich um 5,5 % verbessert; auch die bürgerlichen Parteien einschließlich der DNVP können
zulegen, während die extreme Rechte und vor allem die KPD deutlich verlieren. |
10.12. | Das Kabinett Marx tritt zurück. |
17.12. | Reichspräsident Ebert beauftragt Außenminister
Stresemann mit der Bildung eines neuen Reichskabinetts, was dieser jedoch ablehnt. |
20.12. | Hitler erhält eine großzügige Bewährungsfrist und
wird aus der Festungshaft entlassen. |
23.12. | Das Schöffengericht Magdeburg unterstützt in einem
Beleidigungsprozess den Vorwurf eines Journalisten, Reichspräsident Ebert habe durch
seine Rolle bei den Streiks vom Januar/Februar 1918 Landesverrat begangen. Die
Rechtspresse feiert dieses Urteil über das Staatsoberhaupt. |
1925 |
10.01. | Die Alliierte Kontrollkommission verschiebt die fällige
Räumung der ersten Zone des besetzten Ruhrgebiets mit dem Hinweis, Deutschland habe gegen
die Entwaffnungsbestimmungen verstoßen. Der Vorwurf bezieht sich auf die Überschreitung
der Ausbildung von Reservetruppen über das zulässige Limit von 100.000 Soldaten hinaus. |
15.01. | Reichskanzler Hans Luther (o.P.) stellt sein
Kabinett
vor. Erstmals ist die DNVP an einer Reichsregierung beteiligt. |
09.02. | Reichsaußenminister Gustav Stresemann (DVP) überreicht
der britischen und der französischen Regierung ein Memorandum zu einem Sicherheits- und
Garantiepakt. |
22.02. | Anlässlich seines einjährigen Bestehens versammeln
sich in Magdeburg über 100.000 Mitglieder des sozialdemokratischen Kampfbunds Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold zu einer Kundgebung für die Republik. |
26.02. | Der
Völkische Beobachter erscheint erstmals wieder
nach seinem Verbot von 1923. |
27.02. | Neugründung der NSDAP durch Adolf Hitler in München. |
28.02. | Reichspräsident Friedrich Ebert stirbt an einem
Blinddarmdurchbruch. Ebert, ausgleichende Kraft in der Republik, hatte wegen eines
laufenden Beleidigungsprozesses gegen sich die Behandlung verschleppt. |
09.03. | Die bayerische Regierung erteilt Hitler Redeverbot in der
Öffentlichkeit. Hitler hatte in Versammlungen zu Gewalttätigkeiten aufgerufen. Die
meisten anderen Länder des Reichs schließen sich dem Verbot an. |
29.03. | Beim 1. Wahlgang der
Reichspräsidentenwahl erhält
keiner der sieben Kandidaten die erforderliche Mehrheit. Angetreten waren Erich Ludendorff
(NSDAP), Heinrich Held (BVP), Karl Jarres (DVP), Willy Hellpach
(DDP), Wilhelm Marx (Zentrum), Otto Braun (SPD) und Ernst Thälmann
(KPD). |
08.04. | DNVP, BVP, DVP und BBB schließen sich zu einem
»Reichsblock« zusammen und stellen Generalfeldmarschall Paul von Hindenburg als
gemeinsamen Kandidaten für den 2. Wahlgang zur Reichspräsidentenwahl auf. |
09.04. | Die Parteien der
»Weimarer Koalition«
nominieren Wilhelm Marx als Kandidaten für das Amt des Reichspräsidenten. |
26.04. | Wahl Hindenburgs zum neuen Reichspräsidenten. Er siegt
mit 48,3 % knapp vor Marx mit 45,3 %. Thälmann erreicht 6,4 %. |
30.04. | Hitler verliert auf eigenen Antrag die österreichische
Staatsbürgerschaft und ist staatenlos. |
07.05. | Die SPD erhebt gegen die Reichspräsidentenwahl Einspruch
wegen Wählerbeeinflussung: In ländlichen Gebieten seien vielerorts Wähler mit
Entlassungsdrohungen zur Wahl Hindenburgs genötigt worden. |
12.05. | Vereidigung des neuen Reichspräsidenten Hindenburg im
Reichstag. |
15.05. | Gründung der Reichs-Rundfunk-Gesellschaft
(RRG) in Berlin
durch sieben Regionalgesellschaften als Dachorganisation auf Druck des
Reichspostministeriums. |
04.06. | Die Botschafter von Großbritannien, Frankreich, Italien,
Japan und Belgien weisen die Reichsregierung erneut auf Verstöße gegen die
Entwaffnungsbestimmungen hin. Sie kritisieren die Fortführung des Generalstabs, die
Kasernierung von Schutzpolizei und die Ausbildung von Zeitfreiwilligen. |
14.07. | Beginn der Räumung des besetzten Ruhrgebiets. |
24.07. | Die polnische Regierung erklärt, zum 1.8. die
Personen aus Polen auszuweisen, die sich nach den Gebietsabtretungen 1921 für die
Beibehaltung der deutschen Staatsangehörigkeit ausgesprochen haben und die über keinen
Grundbesitz verfügen. Damit reagiert Polen auch auf die Einführung deutscher Zölle für
polnische Steinkohle. |
31.07. | Franzosen und Belgier haben das Ruhrgebiet geräumt. |
12.08. | Der Reichstag verabschiedet Schutzzölle für die
Landwirtschaft und Industrie. |
13.08. | Die österreichische Regierung verweigert Hitler die
Einreise zum Kongress der österreichischen Nationalsozialisten. |
25.08. | Räumung von Duisburg, Düsseldorf und Ruhrort. |
26.08. | Reichspräsident Hindenburg hebt mit sofortiger Wirkung
das 1921 erlassene, heftig umstrittene Uniformverbot auf. |
30.08. | Reichstagspräsident Löbe spricht sich für den Anschluss Österreichs an das Deutsche Reich aus. |
01.09. | Das Exekutivkomitee der
Kommunistischen Internationale (EKKI) in Moskau wirft der
KPD-Führung vor, sie habe die Partei innerhalb der
Arbeiterschaft isoliert. Ruth Fischer (1895–1961) wird der Parteivorsitz entzogen. Mit der
Übernahme des Parteivorsitzes durch Thälmann wächst der Einfluss Stalins auf die KPD. |
09.09. | In einem Brief an den ehemaligen Kronprinzen Wilhelm
bezeichnet Außenminister Stresemann die Revision der deutschen Ostgrenze, die
Rückgewinnung Danzigs und Oberschlesiens sowie den Anschluss Österreichs als Ziel seiner
Außenpolitik. |
13.–
18.09. | Parteitag der SPD in Heidelberg: Die Delegierten
beschließen ein neues Parteiprogramm, das dem marxistischen Ansatz des Erfurter Programms
von 1891 folgt. |
05.–
16.10. | Internationale Konferenz von Locarno über ein
Sicherheitsabkommen in Europa. Deutschland, Frankreich und Belgien verzichten auf eine
gewaltsame Veränderung ihrer gemeinsamen Grenzen. Die deutsche Ostgrenze ist davon nicht
berührt. Ferner werden Deutschland die Aufnahme in den Völkerbund sowie ein ständiger
Ratssitz zugesichert. |
23.10. | Die polnische Regierung gibt bekannt, dass sie unter
Berücksichtigung der Locarno-Verträge auf weitere Ausweisungen deutscher
Staatsangehöriger verzichten werde. In Locarno hatten sich Deutschland und Polen auch zum
Verzicht auf eine gewaltsame Veränderung der deutsch-polnischen Grenze verständigt. |
25.10. | Aus Protest gegen die Unterzeichnung der Verträge von
Locarno legen die Minister der DNVP ihre Ämter nieder. Die DNVP fordert Zugeständnisse
in der Entwaffnungsfrage und die Räumung der ersten Rheinlandzone. |
09.11. | Hitler verfügt die Gründung der Schutzstaffel (SS),
die seinen persönlichen Schutz übernehmen soll. Die SS steht damit in der Tradition der
1923 gegründeten »Stoßtruppe Hitlers«. Sie ist dem jeweiligen Obersten Führer
der Sturmabteilung (SA) unterstellt. |
25.11. | KPD und SPD bringen im Reichstag einen Antrag auf
entschädigungslose Fürstenenteignung ein. Anlass sind Gerichtsurteile, die einigen
früheren Herrscherfamilien ihren während der Revolution von 1918/19 enteigneten Besitz
zurückerstatten wollen. |
27.11. | Der Reichstag billigt mit 300 gegen 174 Stimmen die
Verträge von Locarno. |
28.11. | Reichspräsident Hindenburg unterschreibt das
Vertragswerk von Locarno. |
30.11. | Beginn der Räumung der Kölner Zone. |
01.12. | Unterzeichnung der Locarno-Verträge durch die
Teilnehmerstaaten in London. |
02.12. | Die Firmen BASF, Bayer, Hoechst und Agfa schließen sich
zum Chemiekonzern I.G. Farben zusammen. Vorsitzender des Aufsichtsrats wird Carl Duisberg. |
05.12. | Nach der durch den Austritt der DNVP-Minister
verursachten Regierungskrise tritt Reichskanzler Luther zurück. |
1926 |
19.01. | Der im Dezember 1925 zurückgetretene Reichskanzler Hans
Luther (o.P.) bildet ein neues Kabinett aus DDP, Zentrum und
DVP. Der Vorstand der SPD
beschließt, das Volksbegehren gegen die Fürstenenteignung zu unterstützen. |
31.01. | Die letzten französischen und belgischen Truppen
verlassen die Kölner Zone. |
01.02. | Nach dem Abzug der Besatzungstruppen finden in Köln,
Bonn und anderen Orten Deutschlands »Befreiungsfeiern« statt. |
08.02. | Das Deutsche Reich beantragt die Aufnahme in den
Völkerbund. |
14.02. | Auf einer Führertagung der NSDAP in Bamberg setzt sich
Adolf Hitler gegen den linken Parteiflügel um Gregor Strasser durch. |
15.02. | Die Zahl der Arbeitslosen in Deutschland erreicht mit
2,4 Mio. einen neuen Höchststand seit März 1924. |
21.02. | An einer Veranstaltung des republiktreuen Reichsbanner
Schwarz-Rot-Gold in Hamburg nehmen 130.000 Menschen teil. |
04.–
17.03. | Über 12 Mio. Stimmberechtigte tragen sich in die Listen zur Einschreibung
für das Volksbegehren zur Fürstenenteignung ein; damit sind die für einen
Volksentscheid erforderlichen zehn Prozent erreicht. |
17.03. | In Genf werden die Verhandlungen des Völkerbunds über
die Aufnahme Deutschlands abgebrochen. Die Delegierten können sich nicht über die
Sitzverteilung im Ständigen Rat einigen. Neben Deutschland, dem im Vertrag von Locarno
ein Ratssitz zugesichert worden ist, streben auch andere Länder einen Sitz an. |
21.03. | An der offiziellen
»Befreiungsfeier« im
Rheinland nehmen auch Reichspräsident Paul von Hindenburg und der Kölner
Oberbürgermeister Konrad Adenauer teil. |
22.03. | Angesichts des zunächst gescheiterten Beitritts zum
Völkerbund beantragen die DNVP und die KPD im Reichstag die Zurücknahme des
Aufnahmegesuchs. |
23.03. | Der Präsident der Reichsbank, Hjalmar Schacht, spricht
sich für eine neue Kolonialpolitik aus. Kolonien würden eine Währungsstabilisierung und
einen Wirtschaftsaufschwung einleiten. Es könnten neue Rohstoffquellen erschlossen und
das Problem der Überbevölkerung gelöst werden. |
31.03. | Verstöße gegen das Republikschutzgesetz werden in
Zukunft nicht mehr vor dem Staatsgerichtshof, sondern vor ordentlichen Gerichten
verhandelt. |
24.04. | Abschluss des deutschen Freundschafts- und
Neutralitätsvertrags mit der Sowjetunion auf fünf Jahre (»Berliner Vertag«).
Die deutsch-sowjetischen Wirtschaftsbeziehungen werden belebt, die militärische
Zusammenarbeit zwischen Reichswehr und Roter Armee wird intensiviert. |
27.04. | Der Sparerbund
(»Dr. Best«) reicht einen Volksantrag ein, der eine Aufwertung aller Sparguthaben um 50 %
vorsieht; der Antrag wird vom Reichsinnenminister am 18.8. unter Hinweis auf die Haushaltsrelevanz zurückgewiesen. |
05.05. | Reichspräsident Hindenburg erlässt eine neue
Flaggenverordnung, die es deutschen Auslandsvertretungen erlaubt, neben der
schwarz-rot-goldenen Reichsflagge die deutsche schwarz-weiß-rote Handelsflagge zu hissen. |
06.05. | Nach dem erfolgreichen Volksbegehren zur
Fürstenenteignung lehnt der Reichstag den Gesetzentwurf mit 236 zu 142 Stimmen ab.
Der Gesetzentwurf kann jetzt nur noch über einen Volksentscheid Rechtskraft erlangen. |
12.05. | Nach heftigen Debatten um die neue Flaggenordnung stellt
die DDP im Reichstag einen Misstrauensantrag gegen Reichskanzler Luther, der mit 177 zu
146 Stimmen angenommen wird. Luther tritt daraufhin zurück. |
17.05. | Reichspräsident Hindenburg ernennt Reichsjustizminister
Wilhelm Marx (Zentrum) zum neuen Reichskanzler. Die Zusammensetzung der Koalition bleibt
unverändert. |
19.05. | In seiner Regierungserklärung spricht sich Marx für
ein Festhalten an der umstrittenen Flaggenverordnung aus. |
06.06. | Gründung der Alten Sozialdemokratischen Partei
Sachsens (ASPS), später ASPD. |
20.06. | Beim Volksentscheid zur Fürstenenteignung stimmen mit
knapp 14,5 Mio. Stimmberechtigten zwar 36,4 % für die entschädigungslose
Enteignung der Fürsten. Die erforderliche Mehrheit von 50 % wird jedoch nicht
erreicht. |
28.06. | Der Reichstag beschließt ein
Arbeitsbeschaffungsprogramm zur Senkung der hohen Arbeitslosenzahlen. |
02.07. | Die Reichsregierung zieht den Gesetzentwurf zur
Fürstenabfindung zurück. |
04.07. | Die NSDAP hält in Weimar den ersten Parteitag nach ihrer
Neugründung ab. Thüringen ist eines der Länder, in denen Hitler kein Redeverbot hat. |
07.07. | Der
Bund deutscher Arbeiterjugend (später: Hitler-Jugend) wird als Jugendorganisation der nationalsozialistischen Kampfverbände
gegründet. |
05.08. | Deutschland und Frankreich vereinbaren ein
Handelsabkommen. |
12.08. | Die Reichsregierung beschließt, einen neuen Antrag auf
Aufnahme in den Völkerbund zu stellen. |
08.09. | Einstimmige Aufnahme Deutschlands in den Völkerbund mit
einem ständigen Ratssitz. Das Deutsche Reich lehnt es ab, einen militärischen Beitrag
gegen die Sowjetunion zu leisten. |
17.09. | Außenminister Gustav Stresemann und sein französischer
Kollege Briand konferieren unter Ausschluss der Presse in Thoiry über die
deutsch-französischen Beziehungen. Erörtert werden die Räumung des Rheinlands, die
Freigabe der Kohlegruben im Saargebiet und die Möglichkeit der Überweisung von
Reichsbahnobligationen zur Linderung der französischen Finanzkrise. |
29.09. | Presseberichten zufolge hat Prinz Wilhelm von Preußen,
ältester Enkel von Ex-Kaiser Wilhelm II., im August an einem Reichswehrmanöver
teilgenommen. Die formal unzulässige Teilnahme eines Angehörigen des Hauses Hohenzollern
am Manöver stößt auf Kritik. |
08.10. | Der Chef der Heeresleitung, General Hans von Seeckt,
tritt wegen der Affäre um die Teilnahme Prinz Wilhelms an einem Reichswehrmanöver von
seinem Amt zurück. Sein Nachfolger wird General Wilhelm Heye. |
15.10. | Durch das Arbeitsbeschaffungsprogramm ist es der
Reichsregierung gelungen, die Arbeitslosenzahl von 2,4 Mio. im Februar auf 1,24 Mio.
zu senken. |
01.11. | Joseph Goebbels wird Gauleiter der NSDAP in
Berlin-Brandenburg. Er soll das »rote Berlin« für die Nationalsozialisten
gewinnen. |
13.11. | Der Reichstag verabschiedet ein Gesetz, das die
Erhöhung der Arbeitslosenfürsorge um 10 bis 15 % vorsieht. |
21.11. | Das Gesetz über die Erhöhung der
Arbeitslosenfürsorge tritt in Kraft. Es verpflichtet die Gemeinden zur Unterstützung von
Arbeitslosen, die kein Arbeitslosengeld erhalten. |
28.11. | Während eines Aufmarsches des
republikanischen Reichsbanners Schwarz-Rot-Gold in Berlin kommt es zu Zusammenstößen mit
Nationalsozialisten. |
03.12. | Der Reichstag nimmt mit 248 gegen 158 Stimmen das »Gesetz zur Bewahrung der Jugend vor Schund- und Schmutzschriften« an, das Jugendliche vor
pornographischen Schriften schützen soll. Die Gegner lehnen das Gesetz als Eingriff in
die Freiheit der Kunst ab. Die britische Zeitung Manchester Guardian druckt
eine Artikelserie über die illegale Zusammenarbeit zwischen Reichswehr und Roter Armee.
Es sei bekannt geworden, dass in der Sowjetunion die in Deutschland verbotene Produktion
von Militärflugzeugen aufgenommen werden solle. |
04.12. | Das neuerrichtete Bauhaus von Gropius in Dessau wird
eingeweiht. Neben dem Neubau der Hochschule ist auch eine Mustersiedlung entstanden. |
06.12. | Im Münchner Franz Eher Verlag erscheint der zweite Band
von Hitlers Schrift »Mein Kampf«. |
10.12. | Die Außenminister Deutschlands und Frankreichs,
Stresemann und Briand, erhalten den Friedensnobelpreis als Auszeichnung für ihre
Bemühungen um die Verständigung zwischen beiden Ländern. |
16.12. | Im Reichstag erhebt der SPD-Abgeordnete Philipp
Scheidemann heftige Vorwürfe gegen die Militärpolitik der Reichsregierung. Er kritisiert
die Reichswehr wegen der finanziellen Unterstützung durch die Großindustrie, wegen ihrer
Verbindungen zu rechtsgerichteten Kampfverbänden sowie ihrer anhaltenden Zusammenarbeit
mit der Roten Armee. |
17.12. | Ein Misstrauensantrag der SPD wird im Reichstag mit 249
gegen 171 Stimmen angenommen. Das Kabinett Marx tritt zurück. |
1927 |
10.01. | Reichspräsident Paul von Hindenburg beauftragt Julius
Curtius (DVP) mit der
Regierungsbildung auf Grundlage einer Koalition der bürgerlichen Mitte mit der DNVP. |
15.01. | Nachdem die Verhandlungen von Curtius zur
Regierungsbildung am Widerstand des Zentrums gescheitert sind, beauftragt Hindenburg
erneut Wilhelm Marx (Zentrum) mit der Kabinettsbildung. |
29.01. | Reichskanzler Marx stellt sein neues
Kabinett aus Zentrum,
DVP, DNVP und BVP vor. Mit der sogenannten Bürgerblock-Regierung wird ein
weiterer Schritt nach rechts vollzogen. |
31.01. | Die Alliierte Militärkommission beendet ihre Tätigkeit
im Deutschen Reich; damit endet die alliierte Militärkontrolle. |
28.02. | Die
Reichsarbeitsgemeinschaft der Aufwertungsgeschädigten- und Mieter-Organisationen reicht einen
Volksantrag ein, der eine Aufwertung der Sparguthaben um 100 % sowie eine Abschöpfung von Zinserträgen über 2,5 %
vorsieht; der Antrag wird vom Reichsinnenminister als nicht zulässig zurückgewiesen, da es sich bei der Abschöpfung der Zinserträge um eine öffentliche Abgabe
handele. |
07.03. | In Genf wird die Frühjahrssitzung des Völkerbundrats
eröffnet. Den Vorsitz führt erstmals Reichsaußenminister Gustav Stresemann (DVP). |
19.03. | Kampfverbände der Nationalsozialisten und Kommunisten
liefern sich in Berlin blutige Straßenschlachten. |
26.03. | Der deutschnationale Politiker Alfred Hugenberg erwirbt
Aktien der Universum-Film AG (Ufa) im Wert von 15 Mio. RM und sichert sich damit die
Vorherrschaft in dem Konzern. |
06.04. | Der Reichstag billigt den Etat für 1927. Mit Hinweis auf
die Rüstungsausgaben in Höhe von 700 Mio. Mark lehnt die SPD den Etat ab. |
08.04. | Die
Deutsche Bauernschaft wird als Reichsspitzenverband
gegründet. |
06.05. | Die NSDAP und alle ihre Unterorganisationen werden nach
Ausschreitungen in Berlin-Brandenburg verboten und für aufgelöst erklärt. Bei einer
Versammlung mit rund 2.000 Teilnehmern wurden in Berlin mehrere politische Gegner
niedergeschlagen. |
08.05. | Zum »Reichsfrontsoldatentag« des Stahlhelms
kommen über 100.000 Teilnehmer nach Berlin. |
18.06. | Reichsaußenminister Stresemann und sein britischer
Amtskollege Joseph Austen Chamberlain konferieren in Genf erfolglos über die Räumung der
noch besetzten Gebiete des Rheinlands. Aus der ersten Zone des Rheinlands zogen sich die
Alliierten bereits 1925 zurück, die zweite und dritte Zone sind nach wie vor besetzt. |
23.06. | Außenminister Stresemann erklärt, die deutschen
Beziehungen zur Sowjetunion seien vom Abbruch der diplomatischen Beziehungen zwischen
London und Moskau nicht berührt. |
04.07. | Hitler trifft in München mit dem Ruhrindustriellen Emil
Kirdorf zusammen. Es geht um die finanzielle Unterstützung der NSDAP durch die
Schwerindustrie. |
07.07. | Der Reichstag verabschiedet das Mutterschutzgesetz. Es
gewährt einen Kündigungsschutz für die letzten sechs Wochen vor und die ersten sechs
Wochen nach der Geburt. Desgleichen wird das Gesetz über die Arbeitslosenversicherung und
die Arbeitsvermittlung vom Reichstag verabschiedet. Es führt die Versicherungspflicht
gegen Arbeitslosigkeit und den Rechtsanspruch auf Arbeitslosengeld ein. Die Kosten sollen
zur Hälfte von Arbeitnehmern und Arbeitgebern getragen werden. Das Arbeitslosengeld
richtet sich nach dem früheren Lohn. |
15.08. | Reichswehrminister Otto Geßler gibt einen Flaggenerlass
bekannt, in dem die Reichsfarben Schwarz-Rot-Gold im militärischen Bereich den Farben
Schwarz-Weiß-Rot der Reichskriegsflagge gleichgestellt werden. Der Erlass wird von der
Linken und der Rechten kritisiert. |
17.08. | Der deutsch-französische Handelsvertrag wird nach
dreijährigen Verhandlungen unterzeichnet. Mit dem Vertrag gewähren Deutschland und
Frankreich sich gegenseitig handelspolitische Vergünstigungen. |
01.–
15.09. | Auf der 46. Tagung des Völkerbundrats fordert Polen
erfolglos die internationale Anerkennung der deutsch-polnischen Grenze. Die deutsche
Regierung betont weiterhin den vorläufigen Charakter der deutsch-polnischen Grenze und
lehnt ein »Ost-Locarno« mit Polen ab. |
18.09. | Einweihung des Tannenberg-Denkmals in Hohenstein
(Ostpreußen). In seiner Eröffnungsrede vor 70.000 Teilnehmern streitet Hindenburg die
Kriegsschuld des Deutschen Reiches ab: »Nicht Neid, Hass oder Eroberungslust gaben
uns die Waffen in die Hand. Der Krieg war uns vielmehr das äußerste (...) Mittel der
Selbstbehauptung einer Welt von Feinden gegenüber.« |
23.09. | Offizieller Beitritt Deutschlands zum Ständigen
Internationalen Schiedsgerichtshof in Den Haag. |
02.11. | Mit 17 zu 11 Stimmen lehnt der Reichstagsausschuss für
die Strafrechtsreform den von der SPD eingebrachten Antrag auf Abschaffung der Todesstrafe
im Deutschen Reich ab. |
28.11. |
Durch die »Regensburger Vereinbarung« von Zentrum und BVP normalisiert sich das
Verhältnis der beiden Parteien. Das Zentrum verzichtet u.a. auf eigene Kandidaturen im rechtsrheinischen
Bayern. |
06.12. | Im Reichstag scheitert ein von KPD und SPD eingebrachter Misstrauensantrag gegen die Reichsregierung. Beide Parteien begründeten ihren Antrag mit
mangelndem Erfolg der Wirtschafts- und Sozialpolitik der Reichsregierung. Die DDP stimmt
für das Misstrauensvotum und kritisiert die Gleichberechtigung von konfessionellen und
weltlichen Schulen. |
10.12. | Die Mehrheit im Reichsrat macht ihre Zustimmung zum
Marine-Etat von der Aufklärung der »Phoebus-Affäre« um den parteilosen
Reichswehrminister Geßler abhängig. Über die im August 1927 in Konkurs gegangene
Phoebus-Filmgesellschaft hatte Geßler Rüstungen der Marine finanziert. Geßler
verweigert die Auskunft. |
16.12. | Anlässlich eines Besuchs in Königsberg spricht sich
Außenminister Stresemann erneut gegen die internationale Anerkennung der
deutsch-polnischen Grenze aus. |
17.12. | Da Reichswehrminister Geßler weiterhin die Aufklärung
der »Phoebus-Affäre« verweigert, setzt die preußische Regierung unter Otto
Braun (SPD) bei den Etatberatungen im Reichsrat für 1928 die Streichung der ersten Rate
zum Bau des Panzerkreuzers A in Höhe von 9,3 Mio. RM durch. |